Entscheidungen treffen, wenn alles gleich wichtig scheint – das Tetralemma als Weg zur inneren Balance

Es gibt diese Entscheidungen, bei denen alles gleichzeitig richtig und falsch erscheint.
Bleibe ich in meinem Job oder wage ich den Wechsel?
Starte ich die Selbstständigkeit – oder ist jetzt der falsche Zeitpunkt?
Will ich mehr Sicherheit oder mehr Freiheit?

Solche Fragen begegnen mir oft in Coachings. Sie sind kein Zeichen von Unentschlossenheit, sondern von innerer Spannung zwischen gleich wichtigen Werten und Lebensbereichen. Kopf und Bauch ziehen in unterschiedliche Richtungen – und die klassische Pro-und-Contra-Liste hilft da meist wenig.

Warum uns manche Entscheidungen so schwerfallen

Unser Verstand liebt klare Lösungen. Aber das Leben ist selten eindeutig.
Viele Entscheidungen betreffen gleichzeitig Beruf, Familie, Identität und Werte.
Wir müssen abwägen zwischen dem, was „vernünftig“ scheint, und dem, was sich „richtig“ anfühlt.

Diese Spannungen entstehen, weil mehrere innere Anteile aktiv sind:

  • Der Wunsch nach Sicherheit

  • Die Sehnsucht nach Entwicklung

  • Die Verantwortung für andere

  • Die Freude am Risiko

Wenn wir versuchen, das alles rational aufzulösen, blockieren wir oft.
Was fehlt, ist eine Perspektive, die Ambivalenz zulässt – also das Sowohl-als-auch.

Das Tetralemma – ein Perspektivwechsel für komplexe Entscheidungen

Das Tetralemma stammt aus der indischen Logik und wurde von Matthias Varga von Kibéd und Insa Sparrer für Coaching- und Organisationsprozesse weiterentwickelt.
Es hilft, festgefahrene Entscheidungssituationen zu öffnen, indem es neue Perspektiven sichtbar macht.

Statt nur zwischen „A oder B“ zu wählen, erweitert das Tetralemma die Sicht auf fünf Positionen:

  1. A – Das Eine (z. B. bleiben)

  2. B – Das Andere (z. B. gehen)

  3. A und B – beides verbinden

  4. Weder A noch B – ein dritter Weg

  5. All das nicht, und doch etwas davon – eine übergeordnete Lösung

Dieses Modell verändert nicht nur die Entscheidung – es verändert den Blick auf dich selbst.
Du erkennst, dass jede Seite ihre Berechtigung hat, und öffnest dich für neue, kreative Lösungen.

Kleine Übung: Finde deine persönliche Entscheidungsbalance

Wenn du aktuell zwischen zwei Möglichkeiten schwankst, probiere diese Mini-Reflexion:

  1. Was wäre, wenn du dich klar für A entscheidest?
    – Was gewinnst du? Was gibst du auf?

  2. Was wäre, wenn du dich klar für B entscheidest?
    – Welche Chancen oder Risiken entstehen?

  3. Wie könnte eine Lösung aussehen, die beides vereint?
    – Gibt es eine Zwischenform oder kreative Kombination?

  4. Wie sähe dein Leben aus, wenn du weder A noch B wählst?
    – Gibt es etwas Drittes, das bisher übersehen wurde?

  5. Und was, wenn du gar nichts entscheidest – noch nicht?
    – Welche Klarheit entsteht, wenn du Druck rausnimmst?

Beobachte, wie sich jede Position körperlich anfühlt. Oft liegt die Wahrheit nicht in Argumenten, sondern im Körpergefühl.

Wenn Kopf und Bauch wieder zusammenarbeiten

Das Tetralemma spricht beides an – den rationalen Verstand und die intuitive Ebene.
Es hilft, innere Konflikte nicht zu unterdrücken, sondern zu verstehen.
Viele Klientinnen berichten nach dieser Arbeit:

„Ich weiß jetzt nicht unbedingt mehr, aber ich spüre, was stimmig ist.“

Gute Entscheidungen sind nicht immer logisch – aber sie bringen Ruhe und Stimmigkeit.

Fazit: Entscheidungen dürfen sich gut anfühlen

Das Tetralemma ist kein Wundermittel, aber ein kraftvolles Werkzeug, um Klarheit in komplexen Lebensphasen zu gewinnen.
Es lädt dich ein, mehrdimensional zu denken, Ambivalenz auszuhalten und dich selbst wieder als handlungsfähig zu erleben.

Wenn du merkst, dass du gerade feststeckst, begleite ich dich gern in einem Coachingprozess – strukturiert, empathisch und lösungsorientiert.
Denn die besten Entscheidungen entstehen, wenn Verstand und Intuition miteinander sprechen.

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Gründen in Teilzeit: Warum Lebensphasen entscheidend sind – und wie Veränderung wirklich gelingen kann

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